Wie der Goslarschen Zeitung vom heutigen Tage zu entnehmen ist, werden derzeit im Okertal groß angelegte Rodungsmaßnahmen durchgeführt.
Goslarsche Zeitung – Pressebericht vom 18. August 2005
Kahlschlag für Tourismus: Im Okertal weichen Fichten für Laubbäume
HARZ. Im dichten Fichtenwald lichten sich die Reihen. Die Forst fällt derzeit im Okertal ungewöhnlich große Waldflächen. Noch ungewöhnlicher ist, dass diese Aktion nicht vorrangig der Holzwirtschaft, sondern dem Tourismus dienen soll.
Normalerweise dünnt das zuständige Forstamt Clausthal nur noch Baumbestände aus. Rund um die größten Felsen der östlichen Talseite lässt es aber derzeit ganze Flächen roden. Wanderer und Ausflügler können sich so wieder an den urigen Gesteinsformen der Studentenklippe und der Mausefalle erfreuen und den Ausblick über das Okertal genießen.
Kletterer sollen ihren Sport neu entdecken. Haben Bergsteiger in den 50er Jahren mit neun Seillängen vom Talgrund bis auf den Treppenstein einen der längsten Kletterpfade im Harz erklommen, waren die Aufstiege in den vergangenen Jahrzehnten zugewuchert. Das soll sich noch in diesem Herbst ändern.
„Mein Bestreben ist es schon lange, die Schönheit des Okertals mit seinen Felsen für Touristen wieder erlebbar zu machen“, sagt Waldökologe Dr. Michael Lücke vom Forstamt Clausthal. Die zugewachsenen Gesteinsformen hätte kaum mehr jemand wahrgenommen. Und unnatürlich sei dieser Fichtenbewuchs ohnehin, erklärt er die Maßnahme auch aus Naturschutz-Gesichtspunkten. Die schnell wachsenden Nadelbäume seien nach dem Zweiten Weltkrieg nur aus wirtschaftlichen Gründen angepflanzt worden.
Eigentliche sollten an den Hängen Buchen, Erlen, Bergahorn und andere Laubbäume stehen. Und dahin will die Forst auch zurück. Revierförster Hinnerk Sund erklärt, welche Vorteile das hat. „Durch die Laubbäume fällt mehr Licht auf den Waldboden und dort können sich Pflanzen ansiedeln“, so der zuständige Förster vom Revier Göttingerode. Außerdem profitieren Tiere davon, wenn die von der Sonne beschienenen Felsen mehr Wärme abgeben.
Und den Menschen freut es auch. Der Deutsche Alpenverein (DAV), Sektion Hannover, meint, dass durch die Auslichtung die stark bemoosten Felsen abtrocknen. So würde das Okertal wieder zu einem erstklassigen Kletterrevier werden.
Möglich geworden sind die Fällarbeiten erst durch den Gabbro-Steinbruch bei Bad Harzburg. Durch dessen Erweiterung sind die Betreiber, die Norddeutsche Naturstein GmbH aus Flechtingen, aus Naturschutzgründen angewiesen, für Ersatzmaßnahmen zu sorgen.
Die waren in den Forstarbeiten im Okertal schnell gefunden. Michael Lücke merkt man an, dass es für ihn ein Glücksfall war. So konnte die von ihm geplante Freilegung der Felsen finanziert werden. „Denn“, so der Waldökologe, „aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten hätte das Forstamt das Abholzen dieser noch nicht sehr ertragreichen Fichten nicht machen können“. Nach einer Pause sollen die Fällarbeiten im September weitergehen.
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