Posted at 21:14h
in
Allgemein
by Axel Hake
Liebe Leute,
bei der aktuellen Absicherungsdiskussion in der Folge der Unfälle im Frankenjura und Zirkus scheint mir viel von der Einstellung im Spiel zu sein,
1. dass draußen wie Halle sein möge. Ist es nicht, weil draußen viel komplexer.
2. dass jeder/jede einen Anspruch darauf hat, die Tour die er sich wünscht auch klettern zu können. Auch dann wenn er/sie sie nicht sicher, d.h. souverän klettern kann. Souverän bedeutet so, dass man das eigentlich auch solo klettern könnte. Oder zumindest auch aus der Kletterstellung sichere (!) mobile Sicherungen anzubringen. Sowas gibt es neben unsicheren durchaus. Aber natürlich gehört dazu, so sicher zu klettern, dass man sich dazu an der Stelle lange genug aufhalten kann, um das in Ruhe gut zu prüfen und dann zu machen.
3. Wenn das mit Herstellen von perfekter Sicherung nicht gelingt, dann darf nicht auf Sturz geklettert werden. Punkt. Wer das nicht respektiert, der/die riskiert tatsächlich viel oder sogar alles. Das ist der Unterschied zur Halle. Punkt.
4. Bei der Erkenntnis, dass die Route uns aktuell überfordert, ist ein Verzicht fällig und nötig! Ich weiß, dazu ist Selbstdisziplin nötig. Aber wer ohne Selbstdisziplin zu klettern anfängt, lebt nicht lange! Verzicht ist nicht Schwäche, sondern Stärke, denn er zeigt tatsächliche Souveränität! Noch eine schöne Sache beim Verzicht: Man kann ja später, wenn man besser ist, wiederkommen.
5. All das sind elementare Regeln eines überlebbaren Alpinkletterns. Und eben auch in klein im Klettergarten. Wenn wir unsere Klettergärten wie Hallen ausrüsten würden, dann verschieben wir nur das Problem: Dann könnte niemand zu Hause einen verantwortlichen vorsichtigen Umgang mit nicht vorgekautem Gelände einüben und ist anderswo, vielleicht in einem Gebiet mit nicht ganz perfekten Absicherungen, vielleicht auch im Gebirge, ein armes Schwein.
Und mal ehrlich: Wollt ihr alle immer nur auf kleinklein klettern? Und nie über eine richtig große Felsstruktur?
Dazu gehört dann aber auch noch eine andere Einstellung: Solche größeren Touren kann man nicht einüben, sondern die gehen eigentlich nur on sight!
Wenn wir das überleben wollen, müssen wir vorsichtig rangehen. Das heißt nur soweit, wie wir es souverän können. Und ansonsten besser verzichten. Und sowas sollte man auch zu Hause einüben können. Siehe oben.
Noch was zur Einstellung: Durchschaut den Zahlenfetischismus! Nicht wie schwierige Routen wir bewältigen, sondern wie wir das bewältigen, was wir klettern ist wichtig. Eine schwierige Tour, die wir uns nur hinauf trauen, weil sie labormäßig abgesichert ist, haben wir uns doch hochgelogen! Genauso wie eine Route, bei der uns schon vorher ein anderer – oder eine App – die Griffe erklärt… Und schon ganz und gar können wir sie nie on sight klettern, wenn wir sie vorher toprope auswendig gelernt haben.
Unbekannt, on sight, und nicht perfekt zu sichern ist schon ein Dreier und Vierer schwierig! Schon ganz und gar im Gebirge, wo das über Hunderte von Metern geht und wir auch nicht jede Stelle optimal erkennen können. Und Fünfer und Sechser erst recht. Aber wenn wir sowas schaffen, noch dazu in den Zeitfenstern, die das Wetter bietet, dann sind wir doch die Könige!
Deshalb: Bitte respektiert die Routen, die für euch zu anspruchsvoll sind, sei es weil sie zu schwierig sind oder zu schwierig zu sichern.
Für nachträglichen BH kann ich Ausnahmen nur sehen bei Stellen mit mürben Sanduhren und vielleicht auch an nicht mobil absicherbaren Stellen, die durch Politur schwieriger geworden sind.
Ich wünsche euch immer die richtige Balance zwischen Etwas-Wagen und Verzicht!
Richard